Vegane Halloweenüberraschung

Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch heuer wieder kleine angemalte Gören nach günstigem, raffiniertem Industriezucker schreiend vor eurer Türe stehen. Letztes Jahr habe ich der Bande die Türe vor der Nase zugeknallt und hatte danach als "Bestrafung" mit Klopapier dekorierte Obstbäumchen im Garten stehen. Dieses Jahr schlage ich zurück!  

In der heutigen Zeit muss man ja sehr aufpassen. Die einen haben anscheinend eine Laktoseintoleranz, der nächste verträgt Gluten nicht so, von den gesättigten Fettsäuren und dem Low-Carb-Schmarren erst gar nicht zu reden. Aus diesem Grund gibt es bei mir heuer selbst gezaubertes Spezialkonfekt. Von keinem der Lebensmittel geht eine unmittelbare Gefahr aus. Sogar die Schokolade ist vegan! Es wurde also nicht mal einer Kuh an das Euter gelangt! 

 

Ich war heute im Garten und habe für meine Kreation folgendes gefunden: Sprossenkohl, Knoblauch, Schalotten und Chilis. Die Chilis sind die von der Sorte "affenscharf" und genau richtig für mein Vorhaben.Sollte jemand von euch in nächster Zeit alte Bauernkästen abbeizen müssen, so kann er sich gerne bei mir melden - die Chili laugen euch das schneller ab als euch lieb ist.

 

Mit diesem Projekt lebe ich in drei Zeiten gleichzeitig - das kling zwar schizophren, ist aber so. Warum? Ganz einfach, diese Aktion ist die Reaktion auf die letztjährige Verschönerungsaktion in meinem Garten. Zum Zweiten habe ich heute bestimmt einen Heidenspass wenn die angemalten Lümmel auf die Schokoladezwiebel beißen und zum Dritten, so bin ich mir sicher, habe ich nächstes Jahr vor diesen Engelchen Ruhe. 

 

Aber jetzt mal Spaß beiseite. Warum mag ich Halloween nicht? Allerheiligen ist für mich ein sehr ruhiges Fest, es ist ein Fest an dem man seinen toten Freunden und Verwandten gedenkt. Es ist ein Einstimmen auf die kalte Jahreszeit, meist hatten wir zu Allerheiligen schon die ersten Fröste und die Natur wandelt sich radikal. Es hat etwas melancholisches und dann kommt ein keltischer Brauch daher, den man in unseren Breiten vor 15 Jahren noch gar nicht gekannt hat. Man lernte ihn erst kennen als Halloween-Parties und ein Clubbing nach dem anderen wie die Schwammerln aus dem Boden schossen. Laut, schrill, penetrant aufdringlich und voll auf den Konsum der Masse ausgerichtet. Die Geschäfte und Lokale haben nach Ostern, Weihnachten, Muttertag, Vatertag und dem Valentinstag ein neues Zugpferd erfunden bzw ohne lange zu zögern ein bereits bestehendes von den Vereinigten Staaten übernommen, an dem nun billigster Chinesenramsch an den Mann gebracht werden kann.

 

Ich habe kein Problem mit Bräuchen anderer Kulturen, ich habe ein Problem wenn diese Bräuche invasiv über unsere Kultur hereinbrechen, denn ganz nebenher verschwinden dadurch alte Bräuche aus unserer Gesellschaft. Als wir Kinder waren schnitzten wir uns auch einen Kürbis und zogen von Haus zu Haus - mit einem eklatanten Unterschied: wir forderten nicht mit Sprüchen wie "Süßes oder Saures" unser scheinbares Recht auf Geschenke ein. Nein, wir sagten ganz artig ein Gedicht auf in dem wir dem Haus und seinen Bewohnern einen guten Winter wünschten. Eines der Gedichte geht folgendermaßen:

 

Der Mo, der Mo isch do

mir gond vo Hus zu Hus

und sägnad dr Summer der isch us.

 

Der Mo isch rund, der Mo isch rund,

heat zwo Oga, Nasa, Mund.

 

Mir sind dia Kiand vom Mo

und blieband nid lang do.

 

Mir wünschand öü viel Glück und Seaga

und a ganz a langs Leaba.

 

Mir stond jetzt mit do Kürbso do,

sie leutchtat grad as wia do Mo.

 

Mir gond vo Hus zu Hus 

und sägand öü dr Summer der isch us.

 

Mir wünschond öü Gsundheit für dia kalt Johreszit

eapas guats zum Eassa und füra Ofa al a Schitt. 

 

Natürlich ist dies auch ein Bettelbrauch, keine Frage. Nur sind die Kinder nicht als Tote, Untote oder sonstige Freaks mit blinkenden Hörnchen am Kopf verkleidet und drohen nicht mit Vergeltung, sollten sie nichts Süßes bekommen wie dies bei importierten, keltischen Halloween der Fall ist. 

 

Ein kleines Mädchen aus unserem Haus stand letztes Jahr mit ihrem Kürbis und einer Freundin vor unserer Türe und sagte genau dieses Gedicht auf. Ich war schlagartig in meiner Kindheit. Ich sah mich selbst im Dunkeln und scheu vor fremden Türen stehen und ein Gedicht aufsagen. Ich habe dieses Gedicht viele viele Jahre nicht mehr gehört und trotzdem bin ich mit einem Schlag 25 Jahre in die Vergangenheit gereist, es rührte mich zu Tränen. 

 

Ich finde diese Entwicklung sehr schade. Den Kindern mache ich hier aber überhaupt keinen Vorwurf. Diese ahmen nämlich nur ihre Vorbilder nach und das sind wir Erwachsenen. Ich hoffe ich konnte euch ein wenig zum Grübeln anregen und wünsche euch einen schönen Herbst.

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Kommentare: 2
  • #1

    Silvia (Dienstag, 01 November 2016 22:25)

    Teile deine Meinung komplett. LG

  • #2

    Patrick (Sonntag, 06 November 2016 16:36)

    Hallo,

    danke für die tolle Fotos.
    Das ist eine sehr tolle Halloweenüberraschung.
    Geile Idee !

    Patrick